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Einleitungstexte zum Buch PferdeTräume
Die Kraft der PferdeTräume nutzen
Es ist eines der Hauptanliegen dieses Buches, die Entfaltung dieser Kraft zu unterstützen. Die in den Praxiskapiteln vorgestellten Übungen und Spiele haben das Ziel, die Fähigkeiten der Kinder zu stärken und nicht nur sogenannte Defizite zu bearbeiten. Die vorgestellten Übungen sind ein Instrumentarium, mit Hilfe dem das Kind in seiner Kompetenz bis hin zum selbständigen Reiten, gefördert werden kann.
Dabei kann uns die einzigartige Wirkung des Pferdes auf den Menschen zugute kommen. Durch seine Art auf das Kind zuzugehen, lädt es von sich aus zum aktiven Handeln ein. Es kann deshalb einen Entwicklungsprozeß, in dem das Kind lernt, seine Potentiale zu entfalten, in idealer Weise unterstützen. Eine in den Träumen der Kinder verborgen liegende Kraft kann durch die Erlebnisse mit dem Pferd zur realen Kraft werden. Finden wir als Lehrer Zugang zu den Träumen der Kinder, zu ihren Hoffnungen und Phantasien, kann sich daraus ein gemeinsamer Weg des Lernens eröffnen.
Julias Motivation, reiten zu lernen, entsteht aus dem Wunsch heraus, „mit ihrem Pferd zusammen über die Wiesen fliegen zu können“. Die Kraft, die in diesem Wunsch spürbar wird, hilft Julia, ihre tiefsitzende Unsicherheit zu überwinden. Julia neigte dazu, zwischenmenschliche Kontakte immer wieder abzubrechen. Mit dem Pferd konnte sie die Erfahrung machen, daß sie fähig ist, Kontakt aufzunehmen und ihn zu erhalten. Sie konnte sich dadurch selbst auf eine neue Art erleben.
Pauline träumt davon, in ihrem Pferd einen Verbündeten zu finden. Ihre Stärke ist ihr intuitiver und selbstbewußter Umgang mit dem Pferd. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihr, zusammen mit ihrem Pferd eine aktive und gestaltende Position innerhalb der Gruppe zu übernehmen. Pauline kann dadurch erfahren, daß sie selbst Einfluß auf Geschehnisse um sie herum Einfluß nehmen kann und nicht Opfer ihrer Lebensumstände bleiben muß.
Sven überrascht seine Eltern durch seinen einfühlsamen Umgang mit dem Pferd. Eine Stärke, die Sven entdecken konnte, als ihm das erste Mal ganz alleine die Verantwortung für sein Pferd zugetraut wurde. In seinem Alltag ist er mit anderen Erfahrungen konfrontiert. Hier werden ihm verantwortliche Aufgaben aufgrund seines manchmal chaotischen Auftretens oft wieder entzogen.
Indem wir die Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen, die in diesen Träumen zum Ausdruck gebracht werden, verstehen und ernst nehmen, anerkennen wir das Kind in seiner Verantwortung für sich selbst. Wir respektieren, daß das Kind die eigentlich treibende Kraft innerhalb seines eigenen Entwicklungsprozesses ist. Denn die Sehnsucht nach einem bestimmten Erleben mit dem Pferd ist letztendlich die Antriebskraft für das Kind, sich auf eine neue Erfahrungsebene zu begeben und Veränderungen zu ermöglichen.
Anders als bei der psychotherapeutischen Arbeit mit dem Pferd (vgl. M. Scheidhacker, „Ich träumte von einem weisen Schimmel, der mir den Weg zeigte“, 1998) geht es also bei dem hier vorgestellten pädagogisch/therapeutisch ausgerichteten Ansatz nicht um eine Traumdeutung im analytischen Sinne. Das Aufgreifen der Träume - dazu gehören sogenannte Wunschträume ebenso wie Tagträume oder tatsächliche Nachtträume - hat die Bedeutung, den Kindern Zugang zu ihrer eigenen, inneren Welt zu ermöglichen. Darüber hinaus bilden sie den Anknüpfungspunkt für die jeweilige Vorgehensweise im Unterricht. In Form von Gesprächen, Bildern, Erzählungen oder ersten Eindrücken im Umgang mit dem Pferd können die Kinder ihr Anliegen zum Ausdruck bringen.
Methodische Vorgehensweisen in der Arbeit mit PferdeTräumen
Die heilende Wirkung im Umgang mit dem Pferd entfaltet sich nicht in zwingender Weise von selbst. Je einfühlsamer der methodische Weg des Lernens auf das jeweilige Kind abgestimmt ist, um so größer werden dessen Erfahrungs- und Entwicklungsmöglichkeiten sein und damit auch die Erfolge dieses heilpädagogischen Ansatzes.
Dazu bedarf es differenziert abgestimmter Übungen, Aufgaben und Spielanleitungen. Vor allem zu Beginn des Unterrichts benötigt das Kind Begleitung und Hilfestellung, um mit dem Pferd in Kontakt zu kommen, dessen Andersartigkeit zu verstehen und sich mit ihm verständigen zu können. Erst eine tragfähige Verbindung zum Pferd bietet die Grundlage für einen pädagogischen oder therapeutischen Prozeß.
Das in diesem Buch vorgestellte Konzept orientiert sich an drei methodischen Ansätzen, die ich in Verbindung mit dem heilpädagogischen Reitunterricht für besonders geeignet halte. Das ist zum einen die Feldenkraisarbeit, benannt nach ihrem Begründer Moshé Feldenkrais. Unter Anleitung führt der Schüler dabei einfache, ungewohnte Bewegungsabläufe aus, anhand derer ihm seine eigene Art sich zu bewegen bewußter werden kann. Gleichzeitig kann er verschiedene neue Wege erlernen, ein- und dieselbe Handlung durchzuführen und seine Wahrnehmung zu erweitern.
Der zweite methodische Ansatz entstammt den lösungs- und handlungsorientierten Therapieansätzen, wie sie u. a. von Steve de Shazer („Wege der erfolgreichen Kurztherapie“, 1989) vertreten werden. Hierbei richtet sich das Augenmerk des Pädagogen nicht primär auf die Analyse der Ursachen, die zu einem bestimmten Zustand des Kindes geführt haben, sondern auf die Handlungsmöglichkeiten, die dem Kind zum jetzigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Wie kann das Kind Zugang zu seinen Möglichkeiten finden und wie können diese nach und nach erweitert werden? In Verbindung mit dem heilpädagogischen Reitunterricht erhält die lösungsorientierte Vorgehensweise eine zusätzliche Handlungsorientierung. Der neue Blickwinkel, den das Kind einnimmt, muß nicht abstrakt im Gespräch hergestellt werden, sondern wird für das Kind im Umgang mit dem Pferd und beim Reiten auf praktische Weise erlebbar.
Die dritte Methode stützt sich auf Erfahrungen mit der Psychodrama-Gruppentherapie mit Kindern: „Das an Morenos (J. L. Moreno, Begründer der Psychodramatherapie) Anthropologie des schöpferischen Menschen orientierte Kinderpsychodrama sieht die Förderung einer expressiven, kreativen Persönlichkeit als zentrales Anliegen und beschränkt sich nicht auf die Behebung von Störungen. Es versucht, die Spontanität und Kreativität im Kinde zu fördern und zu entwickeln, und wo sie eingeengt und beschränkt wurden, wieder zu wecken und zur Entfaltung zu bringen. Im Symbolsspiel manifestiert sich die kindliche Kreativität in spezifischer Weise. Das Symbolspiel ist daher für das Kinderpsychodrama von zentraler Bedeutung.“ (A. Aichinger: „Psychodrama-Gruppentherapie mit Kindern“, 1997, S. 13)
So sind Svens Träume in bezug auf das Reiten von Helden und großen, aufsehenerregenden Taten geprägt. Träume, die sich für ihn als Reitanfänger mit seinem Pferd im Rahmen eines normalen Reitunterrichts vorerst nicht verwirklichen könnten. Sven ist noch nicht in der Lage, im wilden Galopp durch den Wald zu jagen, um sich als starken und unerschrockenen Reiter zu erleben. Im symbolischen Rollenspiel mit dem Pferd hingegen hat ein Junge wie Sven die Chance, auf der Symbolebene seinen Heldenträumen Raum zu geben. Innerhalb einer erdachten Rolle, wie der Rolle des Häuptlings oder Spurensuchers, kann er seine Phantasien ausdrücken. Er kann sich groß und stark fühlen und Bewunderung erhalten, obwohl er „nur“ auf dem geführten Pferd im Schritt unterwegs ist.
Wollen wir das Kind auf seinem Weg in die Selbständigkeit mit dem Pferd begleiten, müssen wir berücksichtigen, daß jedes Kind diesen Weg auf seine Weise machen wird. Die Unterschiedlichkeit beginnt bereits beim Kennenlernen des Pferdes, setzt sich fort in der Art und Weise, wie das Kind lernt, und drückt sich nicht zuletzt darin aus, welche Form der Unterstützung das Kind von uns als Pädagogen braucht. Für uns als Reitlehrer bedeutet das, sich von der Vorstellung
e i n e s richtigen Weges, einer für alle Reitschüler geeigneten Reitlehre, zu verabschieden.
Gelingt es uns also, Situationen zu schaffen, in denen das Kind seine Fähigkeiten entfalten kann, kann es auf seine ihm entsprechende Art mit dem Pferd selbständig werden. Aus einer Verbindung zum Pferd und zum Pädagogen, die zu Beginn von Bedürfnissen und Träumen geprägt ist, kann das Kind mit der Zeit heraustreten. Es kann mit wachsender Selbständigkeit zum Gegenüber werden. Ein ängstliches Kind kann Mut und Durchsetzungsvermögen entwickeln, um einmal frei zu galoppieren. Ein hyperaktives Kind kann sein Einfühlungsvermögen so weit verbessern, daß es eine Dressuraufaufgabe selbständig bewältigen kann. Ein gehbehindertes Kind wird lernen, seine Behinderung durch andere vorhandene Fähigkeiten zu kompensieren.
Wenn diese Erfahrungen auch kein im medizinischen Sinne festgestelltes Krankheitsbild verändern können, so können sie dennoch dem Kind helfen, mit einer eingeschränkten oder belasteten Lebenssituation besser zurechtzukommen. Denn in seiner Zuständigkeit für das Pferd kann es sich auf vielfältige Weise gestärkt fühlen.
An wen sich dieses Buch richtet
Das Buch „PferdeTräume“ richtet sich an Menschen, die Kinder auf ihrem Weg zur Selbständigkeit durch das Reiten und den Umgang mit dem Pferd begleiten und fördern wollen. Vom ersten Schritt, dem Zugang zum Wesen des Pferdes, bis hin zum selbständigen Reiten, werden dazu in diesem Buch unterschiedliche, den Fähigkeiten der einzelnen Kinder angepaßte, Aufgabenstellungen vorgestellt. Der heilpädagogische Ansatz ermöglicht dabei behinderten ebenso wie nichtbehinderten Kindern eine ganzheitliche Art des Reitenlernens.
Das Buch bietet auch denjenigen viele praktische Anregungen, die ihren Schülern bzw. Kindern neben dem selbständigen Umgang mit dem Pferd Freude und Spaß am Reiten wünschen und die sich selbst gerne auf den Weg machen, um neue Möglichkeiten der Verständigung mit dem Pferd zu entdecken.
Dieses Buch ist ein Praxisbuch. Es bietet dem Leser eine Fülle praktischer Übungen, will diese aber auch erläutern und begründen. Die einzelnen Kapitel bauen zwar inhaltlich aufeinander auf, dennoch können auch einzelne Sequenzen und Übungsbeispiele für den Gebrauch im Unterricht herausgegriffen werden. Den praktischen Übungen werden jeweils grundsätzliche Überlegungen zur methodischen Vorgehensweise, zum Kind, dem Pferd sowie zur Rolle des Lehrers und Pädagogen vorangestellt.
Auszug aus dem Einleitungstext der fünten Auflage des Buches PferdeTräume und dem Therapeutischen Reiten:
„Jeder Mensch ist Teil eines Ganzen ...“
Mit diesem Text von Albert Einstein beginnt „PferdeTräume“ im Jahr 2000 seine Reise. Ich hätte mir selbst nie träumen lassen, an welche Orte und zu welchen Menschen es mich in diesen 20 Jahren einmal führen würde!
Auf eindrücklichste Weise habe ich im Laufe dieser Reise erlebt, wie nachhaltig die innere Haltung und Bereitschaft, die Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte der Kinder ernst zu nehmen, sich auf das Gefühl der Verbundenheit auswirkt.
Ob auf einer kleinen Farm mitten auf einer griechischen Insel, auf einem internationalen Kongress für therapeutisches Reiten, einem Pferdehof für traumatisierte Mädchen bei Berlin oder auf unserem Hof im Allgäu, überall sind mir Menschen begegnet, deren Herz für die Verbundenheit trotz und mit aller Unterschiedlichkeit schlägt.
Eine Verbundenheit, die in ihrer Qualität tief und tragfähig ist. Der Raum, in dem sie sich entfalten kann, öffnet sich durch das gemeinsame Erleben und durch das Teilen der Träume und Hoffnungen. Gehalten und getragen wird dieser Raum von der Wertschätzung gegenüber jedem einzelnen Lebewesen in seiner Einzigartigkeit. Auf diese Weise werden Kind, Pferd, Lehrer, die umgebende und die innere Natur zum Bestandteil dieser gemeinsamen Erfahrung.
Stellvertretend für die vielen, einzigartigen Weggefährten dieser Zeit, möchte ich drei von ihnen an dieser Stelle gerne zu Wort kommen lassen. Danken möchte ich auch allen anderen von ganzem Herzen für den Mut, sich von diesem Weg berühren zu lassen und damit zur Überwindung der „Illusion der Getrenntheit“ beizutragen.
Armgard Schörle, Allgäu im Frühling 2020
„Die Magie geschehen lassen“
Von Lorenzo Lucarelli, Doktor der Philosophie, Präsident und Mitbegründer der spanischen Vereinigung für pferdegestützte Interventionen (AEDEQ), ehemaliges Vorstandsmitglied der internationalen Vereinigung für therapeutisches Reiten HETI.
„Ich hatte vor einigen Jahren die Ehre und das Vergnügen, Armgard Schörle kennenzulernen und selbst mit ihr zu arbeiten. PferdeTräume ist ein Wegweiser und Handbuch für einen neuen Ansatz in der Arbeit und Beziehung mit Pferden. Es lehrt uns, Pferden ihren Raum zu lassen und sich auf emotionaler Ebene mit ihnen zu verbinden. Während viele andere Methoden oft auf Anweisungen basieren, zeigt uns PferdeTräume wie wir an uns selbst arbeiten können, um eine offene und freie Kommunikation mit den Tieren zu erreichen. Wir leben in einer Gesellschaft, in welcher wir täglich dazu herausgefordert werden, unseren Platz zu behaupten. Oft geschieht das leider auf Kosten von denjenigen, die sich nicht so gut durchsetzen können.
PferdeTräume versinnbildlicht einen lebendigen Ansatz, besonders für Fachkräfte der Bildung, um ein Bewusstsein für uns selbst und alle anderen Lebewesen in unserem natürlichen Umfeld zu finden. Wenn wir begreifen, wie wir auf unsere Schüler Einfluss nehmen, liegt es an uns zu entscheiden, wie wir mit dieser Verantwortung umgehen. Ich war es gewohnt, die Aufmerksamkeit des Pferdes in Richtung meiner eigenen Ziele zu lenken und jeglichen Versuch der Eigenständigkeit
des Tieres abzuwenden. Ich habe fast zehn Jahre gebraucht, mir diesen Reflex abzutrainieren. PferdeTräume war mein Leitfaden in diesem Prozess und hat mir geholfen, als Reitlehrer einen Weg zu finden, den Pferden genügend Raum für eigenen Ausdruck zu lassen.
Dieser pädagogische Wegweiser und Armgard Schörles handlungsorientierte Arbeitsweise haben mich gelehrt, lediglich zur Seite zu treten, Raum für eine offene Verbindung zu geben und die ‘Magie geschehen zu lassen’. Dadurch kann die Beziehung zwischen Mensch und Pferd in eine gemeinschaftliche Zusammengehörigkeit verwandelt werden.
PferdeTräume ist ein elementarer Bestandteil des Trainings-Programms Training Horses in Freedom der AEDEQ (die Spanische Vereinigung für pferdegestützte Interventionen). „Training Horses in Freedom“ gilt als das erste Programm in diesem Bereich, welches in zwei europäischen Ländern durch Erasmus+ finanziert wird.“
Dr. Lorenzo Lucarelli, Spanien im Frühling 2020
Ich bin Dr. Lorenzo Lucarelli das erste Mal auf dem internationalen Kongress für therapeutisches Reiten 2012 in Athen begegnet. Es war der Beginn einer über viele Jahre andauernden Kooperation und gemeinsamen Weiterentwicklung der „freien Begegnung mit Pferden“ auf nationaler sowie auf europäischer Ebene, im Rahmen des Erasmus Programms, verschiedener fachspezifischer Fortbildungen sowie eines sich fortwährend weiterentwickelnden Erfahrungsaustauschs.
Seine Offenheit und sein Engagement, sich über die Grenzen Spaniens hinaus für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang mit Mensch, Pferd und Natur einzusetzen, hat mich tief beeindruckt und dazu ermutigt, nicht stehen zu bleiben.
Armgard Schörle
„Es bedarf der Bereitschaft, wahrnehmend zu beobachten“
Auszug aus der Auswertung eines Erasmus-Projektes von 2018, verfasst von einer Gruppe griechischer Studenten, die
sich im Rahmen ihres Erasmus-Programms ´Horses help me how to find my way´, in Theorie und Praxis, mit dem Konzept
„PferdeTräume“ beschäftigt haben. „Die Struktur des Buches hat uns geholfen, den Aufbau und die dahinterliegende Intention gut zu verstehen. Es ist damit eine wirklich hilfreiche Anleitung für unsere Arbeit gewesen.
Die einleitenden Kommentare in jedem Kapitel sowie die Schlussfolgerungen am Ende halfen uns, ein vollständiges Bild des gesamten Konzepts und ein tiefes Verständnis für die jeweiligen theoretischen und praktischen Abschnitte eines Kapitels zu erlangen. Herausragend und neu war für uns der Ansatz, dass der Trainer dem Schüler seine Verantwortung für sich selbst zurückgeben kann.
Der Trainer ermutigt den Schüler, indem er an dessen innere Stärke glaubt. Auf diese Weise kann etwas Neues geboren werden! In diesem Sinn sind die Aufgabenstellungen richtungsweisend. Aus dem wahrnehmenden Beobachten heraus wird gemeinsam mit dem Schüler ein Weg entwickelt, der auf dessen Vorschlägen basiert.
Die Erfahrungen, die der Schüler auf diese Weise macht, bestimmen so den Verlauf der Ereignisse mit.
Die Aufgabe des Trainers hingegen, Entwicklungsschritte auch für den Schüler selbst sichtbar und bewusst zu machen sowie weitere Schritte zu fördern, wird durch die methodischen Anregungen und Übungen unterstützt.
Wir stimmen der Ansicht der Autorin zu, dass es eine wahre Kunst ist, so einen lebendigen, für alle Beteiligten gewinnbringenden Prozess in Gang zu setzen. Es bedarf der Bereitschaft, wahrnehmend zu beobachten, Veränderungen in der Entwicklung des Schülers zu erkennen und dadurch kontinuierlich zur Synthese der unterschiedlichen Entwicklungsaspekte zwischen Kind und Pferd beizutragen. Daraus können dann die Schritte für das nächste Modul zu entwickelt werden.
Wir sind in unserer praktischen Arbeit mit diesem Buch zur Überzeugung gelangt, dass wir die Übungen und methodischen Anregungen als sehr hilfreich in unser Erasmus-Programm aufnehmen konnten.
Das umfangreiche Wissen und die langjährige Erfahrung der Autorin haben uns für unseren weiteren Weg sehr positiv beeinflusst. Wir lieben dieses Buch und können es definitiv jedem empfehlen, der sich für therapeutisches Reiten interessiert und bereit für neue Erfahrungen ist!“
Griechenland im Sommer 2018
„Strahlend und voller Stolz!“
Von einem Mitarbeiter des Wohnheims der „Oberschwäbischen Werkstätten für behinderte Menschen“ Allgäu Oberschwaben,
dessen Bewohner seit 25 Jahren regelmäßig an inklusiven Reitprojekten teilnehmen.
„Seit über 20 Jahren darf ich als Mitarbeiter die Entwicklung von fünf Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen der Reittherapie „PferdeTräume“ begleiten.
Wenn ich auf diese Zeit zurückschaue, entstehen Bilder vor mir. Ich sehe unsere Bewohner beim Striegeln der Pferde. In ihren Anfangszeiten mit vorsichtiger Annäherung. Spürbar entsteht gegenseitiges Vertrauen zwischen Mensch und Pferd. Dann werden Schritt für Schritt kleine Erfolge sichtbar: das erste Aufsteigen über eine Leiter, vorsichtiges Herantasten, dann das erste Mal auf dem Pferd reitend, strahlend, voller Stolz!
Mir fällt ein Reitfest ein, bei welchem die Bewohner ihr Können freudig vor einem großen Publikum präsentieren. Das Strahlen in den Augen, die Freude in Gestik und Mimik sind für alle deutlich sichtbar. Die Arbeit an und mit dem Pferd erlebe ich als unglaublich vielfältig. Es ist viel mehr als Striegeln und Reiten. Es geht darum, eine Beziehung aufzubauen und in Verbindung zu sein. Im gemeinsamen kreativen Tun, auch mit anderen Reitern, entsteht mit der Zeit ein richtiges soziales Netzwerk. Die Vorfreude wird geweckt und Verbundenheit wächst. Gemeinsam wird beispielsweise ein Album zum Malen und Schreiben zum Thema Pferd erstellt, mit Pferdehaaren gebastelt, und es werden viele neue Welten entdeckt.
Einmal im Jahr nehmen unsere Teammitglieder als Gäste an einer Reitstunde teil. Es beeindruckt mich jedes Mal, wenn ich freihändiges Reiten sehe oder ein vertrauensvolles sich ans Pferd Anschmiegen erlebe. Und wenn einer unserer Bewohner, der sonst nur lautiert, seinem Pferd beim Traben im Kreis laut und deutlich zu verstehen gibt: ‚Hopp hopp!‘, dann sind das auch für uns Mitarbeiter wirklich bewegende Momente.
In der Zwischenzeit haben unsere Bewohner ihr Rentenalter erreicht. Ich sehe sie jedoch immer noch mit dem gleichen Willen, der gleichen Vorfreude und der Freude, wenn sie von der Reittherapie erzählen. Manches reduziert sich aufgrund der verstärkten körperlichen Einschränkungen natürlich mit der Zeit wieder. Dann ist das Aufsitzen vielleicht nicht immer so im Vordergrund. Manchmal ist dann der Kontakt zum Pferd, die Körpernähe und die Bewegung das Wichtigste.
Der jahrelange, wechselseitige Austausch über die Entwicklung, Veränderung und Wahrnehmung unserer Bewohner empfinde ich immer als sehr wichtig. Es sind verschiedene Lebenswelten mit unterschiedlichen Wahrnehmungen.
Im Rückblick auf die vergangenen Jahre wird für mich sichtbar, wie sinnvoll die Arbeit mit dem Pferd für unserer Bewohner in all den unterschiedlichen Lebensstadien war und ist. Für sie sind gefestigte Bindungen und Freundschaften, zu einem Tier, zu anderen Menschen, zu Armgard und ihren Helfern, gewachsen. Sie schenken ihnen außerhalb des Wohnheims ein Gefühl der Verbundenheit.“
Allgäu im Frühling 2020